Wieso ist interkulturelle Kompetenz so wichtig?

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Kommunikation. Kaum ein Thema ist in der heutigen Unternehmenswelt so wichtig. Wer im internationalen Umfeld gute Beziehungen pflegen will, braucht dazu vor allem eines: interkulturelle Kompetenz. Doch was ist das eigentlich?

Fast alle größeren Unternehmen agieren heute in einem internationalen Umfeld. Dienstleister*innen, Kund*innen, Geschäftspartner*innen und Kolleg*innen kommunizieren nicht nur in verschiedenen Sprachen, sondern es mischen sich auch die jeweiligen Kulturen.

Der Begriff „Kultur“ ist schwierig zu fassen. Der Duden sagt dazu: „Die Gesamtheit der von der Menschheit im Prozess ihrer Auseinandersetzung mit der Umwelt geschaffenen und ihrer Höherentwicklung dienenden materiellen Güter sowie der geistigen, künstlerischen und moralischen Werte.“

Doch was heißt das konkret für den Umgang mit anderen Menschen? Einfach gesagt ist es die Art und Weise, wie wir die Dinge hier handhaben („How we do things around here“). Diese etwas flapsige Erklärung verdeutlicht auch, warum es für Menschen aus anderen Kulturen schwierig sein kann, zusammenzuarbeiten: Sie haben eine andere Auffassung von Umgangsformen, Prozessen und Kommunikation. Die Beispiele fangen oft schon bei der Begrüßung an und reichen über Trinkgeld bis hin zu Steuern und religiösen Bräuchen.

Kulturelle Unterschiede sieht man besonders deutlich bei der Verbindlichkeit von Terminen. Kommen  etwa südeuropäische Geschäftspartner*innen zu spät zum Meeting, ist das kein Zeichen für geringe Wertschätzung oder Respektlosigkeit. Ist man in Japan jedoch nicht auf die Minute pünktlich, ist das ein Affront, der sich nur schwer ausmerzen lässt. In diesen Situationen lassen sich Missverständnisse vor allem vermeiden, indem man sich mit dem kulturellen Hintergrund  seines Gegenübers auseinandersetzt. Doch das ist leicht gesagt …

Was steht interkulturellem Verständnis im Weg?

Es ist nur natürlich, die Welt aus der eigenen Perspektive zu betrachten. Genauso menschlich ist es, aus den eigenen Erfahrungen zu generalisieren. Im Übermaß führen diese Tendenzen jedoch zu folgenden Phänomenen, die interkulturelles Verständnis erschweren:

  • Ethnozentrismus: Der Glaube, dass die eigene Kultur besser oder richtig ist.
  • Vorurteile: Unbegründete Meinungen gegenüber anderen.
  • Stereotype: Starke Verallgemeinerungen über Gruppen von Menschen zu Lasten des Individuums.

Als Amerikanerin kenne ich diese Sichtweisen nur zu gut. Die USA blickt oft mit einem Gefühl der Überlegenheit auf den Rest der Welt. Warum das die Beziehungen mit anderen Kulturen gefährdet, sieht man an der aktuell politischen Situation nur zu gut. Doch im Verhältnis zwischen Großbritannien und Europa sieht man, dass ein zu starker Fokus auf sich selbst, Kooperationen und das eigene Wohl gefährdet.

Natürlich sind Stereotype nicht immer negativ. Deutsche gelten als pünktlich, diszipliniert, direkt und fleißig. Doch dieser gleiche Deutsche kann auch als unfreundlich, unflexibel und humorlos wahrgenommen werden. Doch warum wirken die Deutschen so?

Low-Context vs. High-Context Kulturen

In der Anthropologie vergleicht man Kulturen danach, wie wichtig der Kontext bei sprachlicher Interaktion ist. In Low-Kontext Kulturen wird sehr explizit kommuniziert. Sie ahnen es schon: Deutschland liegt hier ganz weit vorne. Auch in Skandinavien und dem angelsächsischen Raum sind Aussagen ohne viel kulturellen Kontext zu verstehen. In Afrika, Nah- und Fernost ist eine Kenntnis der Kultur hingegen nötig, um effektiv zu kommunizieren. Hier müssen Ton, Körpersprache und Kontext noch deutlich stärker mit einbegezogen werden, um die Nachricht korrekt zu interpretieren. Ein Beispiel stammt von Edward T. Hall. Hier  wurden Menschen aus unterschiedlichen Kulturen gefragt, ob sie eine bestimmte Aufgabe bis morgen erledigen können. An den Antworten sieht man, wie interkulturelle Kompetenz sprachliches Verständnis im internationalen Kontext ergänzt:

  • Deutschland: „Ja“ = Ja
  • USA: „Ja, ich tue mein Bestes“ = Wahrscheinlich
  • Japan: „Ich tue mein Bestes“ = Eher nicht
  • Japan: „Ja, ich tue mein Bestes“ = Wahrscheinlich
  • China: „Ja“ = Vielleicht
  • Russland: „Nein“ = Vielleicht

Für Deutsche kann es also sehr schwer sein mit Menschen aus High-Kontext Kulturen zu kommunizieren und umgekehrt.

Vier Regeln für mehr interkulturelle Kompetenz

Soweit die Theorie. Doch wie schafft man es, sich im interkulturellen Kontext sicher zu bewegen? Die Erkenntnis, dass der eigene Weg nicht der einzige oder der richtige ist, ist die Grundvoraussetzung. Weil Kulturen sehr komplex sind, braucht es viel Übung und Erfahrung. Es gibt jedoch ein paar Grundregeln, die Sie befolgen können, um Fettnäpfchen zu vermeiden und bei internationalen Partner*innen einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen.

  1. Seien Sie offen für Neues: Der Kontakt mit anderen Kulturen steckt voller Überraschungen. Freuen Sie sich darauf!
  2. Bereiten Sie sich vor: Mit ein wenig Recherche finden Sie die schlimmsten Fettnäpfchen und können diese vermeiden.
  3. Lernen Sie die Sprache: Alleine mit ein paar Höflichkeitsformeln macht man schon einen guten Eindruck.
  4. Lernen durch Nachahmung: Wenn Sie sich nicht sicher sind, halten Sie sich zurück und beobachten Sie stattdessen.

Sie arbeiten in einem multikulturellen Unternehmen oder haben viele internationale Kund*innen? Wir bieten Seminare und Workshops zu interkultureller Kompetenz an.

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