Wie lassen sich idiomatische Ausdrücke übersetzen?

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Jede Region hat so ihre Eigenarten. Das drückt sich auch in der Sprache aus. Was im interkulturellen Dialog oft lustig ist, kann für Übersetzer*innen eine große Herausforderung sein. Doch was ist ein Idiom eigentlich und was macht man, wenn eine exakte Übersetzung nicht möglich ist?

Idiomatische Redewendungen und Wortspiele sind der Endgegner bei jeder Übersetzung. Hier geht es nämlich um sprachliche Ausdrücke, die sich selbst mit perfekter Grammatik und vollständigem Vokabular nicht komplett erschließen lassen. Man braucht zusätzlich kulturelles Wissen und viel Kreativität, um nicht nur die Bedeutung, sondern auch die Untertöne und den Witz dieser Ausdrücke in die eigene Sprache zu übertragen.

Das Problem wird schnell deutlich, wenn man sich über Filme unterhält. Versuchen Sie mal jemanden in England zu fragen, ob er oder sie  „Die Ritter der Kokosnuss“ gesehen hat oder eine(n) Amerikaner*in, ob ihm oder ihr der Woody-Allen-Film „Der Stadtneurotiker“ gefällt. „Knights of the Coconut“? „Urban Neurotic“? Eher nicht, denn im Englischen heißen die Filme „Monty Python and the Holy Grail“ und einfach „Annie Hall“ nach der weiblichen Hauptrolle. Wenn ich meinen deutschen Freund*innen sage, dass ich mir vorkomme wie in „Groundhog Day“, gucken die auch merkwürdig, denn auf Deutsch heißt der Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

Doch das Übersetzungsproblem hört nicht bei den Titeln auf. Als Amerikanerin bin ich es gewohnt, fremdsprachige Filme mit Untertiteln zu schauen. Natürlich hat man leicht reden, wenn die Blockbuster aus Hollywood in der eigenen Muttersprache produziert werden. Trotzdem staune ich immer wieder, dass die Deutschen sich der Herausforderung stellen, alle Filme auf Deutsch zu vertonen. Man übersetzt dabei ja nicht nur Sprache, sondern es muss auch im Kontext Sinn machen. Durch die Übersetzung bügelt man über alle Akzente hinweg, die Schauspieler*innen haben plötzlich eine andere Stimme und die Übersetzung muss auch noch halbwegs zur Lippenbewegung der Schauspieler*innen passen. In den meisten Fällen ist es schlicht unmöglich, diese Aufgabe angemessen zu erfüllen. Soll man etwa den Teil der amerikanischen Südstaatler*innen ins Bayrische übersetzen, um sie von den New Yorker*innen, die vielleicht Berlinerisch reden, oder von einer Britin zu unterscheiden, die dann ins Hochdeutsche übersetzt wird?

Wenn Vokabular und Grammatik alleine nicht reichen …

Aber zurück zum Problem der idiomatischen Ausdrücke in Texten. Als Übersetzerin stoße ich auch in der Schriftsprache auf Ausdrücke, die entweder im Englischen oder im Deutschen kein Äquivalent haben. Das liegt oft an kulturellen oder regionalen Unterschieden und manchmal verbreiten sich Redewendungen einfach nicht über einen begrenzten Sprachkreis hinaus. Das merkt man auch innerhalb einer Sprache. Es kann schon mal vorkommen, dass mich jemand aus Australien oder aus Schottland mit einem Ausdruck auf dem falschen Fuß erwischt. Auch Hamburger*innen und Bayer*innen kommunizieren sicherlich nicht immer ohne Missverständnisse.

Ein einfaches Beispiel, das auch kulturelle Unterschiede aufdeckt, ist, wenn ein Brite oder eine Britin sagt: „That’s not my cup of tea“ und man es mit „Das ist nicht mein Bier“ ins Deutsche übersetzt. In der Sprache drücken sich eben auch geschmackliche Vorlieben aus. Es gibt allerdings auch idiomatische Redewendungen, die sich vielleicht sinngemäß wiedergeben, aber nicht übersetzen lassen. Zur Demonstration habe ich mal ein bisschen mit Google Translate gespielt:

Der Sinn von „Kleinvieh macht auch Mist“ erschließt sich schnell. Wenn man den Ausdruck mit „Small things also count“ übersetzt, verliert man den Aspekt der Bauernschläue.

„The ball is in your court“ heißt so viel wie „Nun liegt es an Ihnen“. Es geht hier auch oft um Nuancen, denn „Sie sind am Ball“ suggeriert meiner Meinung nach, dass man schon aktiv ist, während „The ball is in your court“ darauf wartet, dass man aktiv wird.

Diese Feinheiten sind auch der Grund, warum Übersetzer*innen und Lektor*innen bei EnglishBusiness immer Muttersprachler*innen in der Zielsprache sind. Wir gehen sogar noch weiter. Wenn ein Kunde oder eine Kundin amerikanisches Englisch wünscht, wird der Quelltext von Mitarbeiter*innen aus diesem Sprachraum bearbeitet. Entsprechendes gilt auch für britisches Englisch.

Der fertige Text sollte sich nicht lesen wie eine Übersetzung, sondern als ob er von einem Muttersprachler*in für die Zielsprache geschrieben wurde. Idiomatische Ausdrücke im Quelltext erfordern ein hohes Maß an Kreativität und Erfahrung sowie ein umfangreiches Vokabular.

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Kayla Hirsch

Kayla Hirsch
Translation Editor & Consultant

Kayla kommt aus dem Südosten der USA, wo sie Politikwissenschaft und Germanistik studiert hat. Sie liebt es zu reisen und hat schon in Washington, D.C., Berlin, und Nürnberg gelebt, bevor sie sich für die schöne Hansestadt Hamburg entschied. In ihrer Freizeit interessiert sie sich für Film und Literatur; bei EnglishBusiness ist sie Expertin für Übersetzungen und Lektorate. Hier schreibt sie über alles, was mit Linguistik und geschriebener Kommunikation zu tun hat.

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